Jenny Bond

Der Aufschrei war groß als im Laufe der letzten Jahre die Spekulation durch die Medien ging, der nächste James Bond könnte von einer Frau gespielt werden. Tausende von Kommentaren auf Social Media Kanälen bekannter Zeitungen sammelten sich in kürzester Zeit unter den Beiträgen. Heftige Diskussionen brachen aus nur um schlussendlich von den Produzenten die Bekanntmachung zu erfahren: Es wird keine weibliche James Bond geben. Für einen James Bond mit einer anderen Hautfarbe sei man aber offen. Welch ein Fortschritt im Jahr 2020, dass James Bond eine andere Hautfarbe haben darf.


Die Problematik dieser gesamten Online Debatten, die sich im Netz sammeln besteht ja darin, dass unsere geliebte Meinungsfreiheit, die ich für kein Geld der Welt aufgeben möchte, hier bis ins kleinste Äußere ausgereizt wird.  Früher musste man noch an einer Demonstration teilhaben, sich mit Freunden im Café treffen oder bestens vorbereitet Teilnehmer*in bei einer Podiumsdiskussion sein. Heute reicht ein einziger Kommentar unter einem Post zum Beispiel bei einer bekannten Zeitung. Der Aufwand ist unfassbar gering und die Reichweite in wenigen Sekunden wesentlich größer als bei einer Demonstration. 

Als im vergangenen Jahr endlich einmal in den Medien vermehrt über die Fußballweltmeisterschaft der Frauen berichtet wurde, war meist einer der ersten und auch häufigsten Kommentare: Wen interessierts? Ein Beitrag, der die Person vermutlich weniger als zwei Sekunden Bedenkzeit und einen genauso hohen Arbeitsaufwand gekostet hat, inhaltslos und hat mit dem eigentlichen Thema herzlich wenig zu tun. Ein Paradebeispiel für die Ausreizung der Meinungsfreiheit. Denn das Problem besteht ja darin, dass durch die Schnelllebigkeit des Internets die Klausel “Jeder hat das Recht seine Meinung zu äußern” ausgereizt wird bis dahin, dass viele Internet User diese Meinungsäußerung als ihre unabdingliche Pflicht verstehen. Aber seine Meinung frei äußern zu dürfen heißt nun einmal auch, dass man ebenso das Recht dazu hat, seine Meinung für sich zu behalten.

In Bezug auf die James Bond Debatte ließen sich die häufigsten Kommentare in zwei Kategorien einteilen. Erstere waren dabei die die, gerne in Großbuchstaben und mit besonders vielen Ausrufezeichen, protestierten, was der Blödsinn denn solle und wo wir denn eigentlich leben würden, dass man sich mit solchen Belanglosigkeiten beschäftige. Immerhin sei James Bond schon immer ein Mann gewesen, warum solle man denn jetzt alles umkrempeln nur weil diese nervigen Feministinnen sich mal wieder über Kleinigkeiten beklagen. Ebenfalls ein Klassiker unter den Online Diskussionen. Anstatt zu reflektieren, dass einem selber das Thema nicht wichtig genug ist und einfach den Browser zu schließen, scheint die Thematik ja anscheinend doch nicht so belanglos zu sein ,wenn man es für nötig hält einen wutentbrannten Kommentar zu schreiben. Und wenn es doch so eine Nichtigkeit ist, dann müsste es im Umkehrschluss doch eigentlich auch egal sein, welches Geschlecht besagter Agent nun schlussendlich hat.


Bei der zweiten Kategorie handelte es sich um eine Sorte, die durchblicken ließ, dass sich die Verfasser und Verfasserinnen wenigstens vorher gedanklich mit der Thematik beschäftigt hatten, ein Fortschritt in der Online Debatte. Die Frage lautete, warum man denn anstatt die Rolle des James Bond in eine Frau zu verwandeln, nicht einfach eine eigene Reihe von Action-Filmen unabhängig von der bereits etablierten kreieren könne. 

Der Grundgedanke hierbei scheint auf jeden Fall einen wichtigen Ansatz mit sich zu tragen. Die Frage steht durchaus im Raum, warum man denn bereits existierende Filme abändern muss. Es wäre ja durchaus von Vorteil eine eigene Action Filmreihe zu entwerfen, die nicht abhängig von einem ursprünglich männlichen Vorbild ist. von der Logik her ergibt das total Sinn, könnte doch ansonsten der Eindruck entstehen, dass sich ohne männliche Vorlage keine Action Reihe mit einer Frau in der Hauptrolle etablieren ließe. 

Trotz dass sich der Kern der Aussage nachvollziehen lässt und er sogar sinnvoll erscheint, gibt es dennoch entschiedene Gründe, die dagegen sprechen. Grund dafür sind Menschen wie jene, die Kommentare der Kategorie Eins schreiben. Denn Gleichberechtigung funktioniert nur wenn das Geschlecht egal ist. Das soll nicht zwangsweise heißen, dass es die Kategorien Mann und Frau gar nicht mehr gibt, sondern, dass die Relevanz dieser Unterscheidung nicht mehr gegeben sein darf. Genau das implizieren aber die Kommentare der ersten Kategorie. Die Tatsache, dass kategorisch ausgeschlossen wird, dass es eine weibliche Version von James Bond geben könnte, zeigt, dass es vielen anscheinend doch noch nicht so egal ist welches Geschlecht man hat. 

Analog dazu steht auch immer noch die Aussage vieler Männer, sie finden es schlicht und einfach komisch, wenn ihre Vorgesetzte eine Frau wäre. Und an dieser Stelle möchte ich dann doch gerne einmal lautstark dazwischen fragen warum Frauen eigentlich immer zu viel Emotionalität und zu wenig Rationalität vorgeworfen wird, wenn Männer eine bestimmte Situation als “komisch” ergo als “ich fühle mich halt nicht so danach” beschreiben dürfen. Ist ja schön, dass es euch nicht so bekommt, wenn euch eine Frau sagt, was ihr tun sollt. Aber ehrlich gesagt sollte eine Aussage zu Frauen in Führungspositionen auf Fakten beruhen und nicht auf eurem eigenen persönlichen Empfinden. 


In einer Vorlesung, die ich zum Thema Politik und Geschlechterverhältnisse besuchte, sagte de Dozentin, der Mann hat zur Aufgabe sich in der Gesellschaft eine neue Rolle zu suchen, weil die  Rolle des Hauptverdieners und Familienernährers nicht mehr zeitgemäß ist. Ähnlich ist es auch mit der Figur des James Bond. Der Womanizer mit den Waffen, schnellen Autos und Kämpfen verkörpert ein Männerbild an das sich Männer der Kommentarschreiber Kategorie Eins klammern, weil sie von dem alten Bild nicht ablassen können. Aber genau das ist der Punkt. Wenn Rollenbilder auf Teufel komm raus aufrecht erhalten werden sollen, obwohl der Zeitgeist dagegen spricht, dann wird eben dieser Zeitgeist in der Entwicklung ausgebremst. Und genau aus diesem Grund wäre es ein Schritt in die richtiger Richtung James Bond mit einer Frau zu besetzen. Wenn man eine etablierte, Klischee erfüllende und so kommerziell erfolgreiche Männerrolle nimmt und aus ihr eine Frau macht, dann ist der Effekt, der erzielt wird wesentlich größer als wenn man eine eigene Reihe ins Leben rufen würde. Das zeigen ja auch schon die umfangreichen Debatten, die diese kleine Überlegung ausgelöst hat. Und dann ist es vielleicht eine Tages wirklich einmal egal, welches Geschlecht irgendjemand hat.




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