“In der Debatte über den Feminismus ist genug Tinte geflossen” beginnt Simone de Beauvoir in ihrem Buch “Das anderen Geschlecht” und schreibt dann eine fast neunhundert Seiten lange feministische Abhandlung. In der Sprachwissenschaft würde man sagen, dass das rhetorisch sehr unklug sei, weil man sein eigenes Vorhaben gleich von vornherein herunter macht. Was de Beauvoir vermutlich aber eigentlich damit sagen wollte ist: Es sollte ja eigentlich längst klar sein, wo die Probleme liegen, deshalb bedarf es eigentlich keiner größeren Aufmerksamkeit mehr. Da ich aber alleine schon in dieser Aussage gleich zweimal das Wort “Eigentlich” benutzt habe, muss ich selber feststellen, dass das immer noch ein Wunschdenken meinerseits ist und deshalb schreibe ich trotzdem oder genau deswegen, weil es entscheidend immer noch eine Mehrheitsgesellschaft gibt, bei der die eigentlichen Klarheiten immer noch nicht angekommen sind. Die Erstausgabe erschien in Frankreich übrigens 1949. Nur so eine kleine Bemerkung am Rande.
Es gibt unfassbar viele Themen im Leben, die mich einfach nicht interessieren. James Bond ist mir relativ egal, die britischen Royals gehen mir am Arsch vorbei und auch für irgendwelche Castingshows in denen Investor:innen in Startups investieren...I don’t care. Trotzdem kommt es hin und wieder vor, dass ich mich gezwungen fühle, mich mit der ein oder anderen Thematik auseinanderzusetzen, weil sich daran so wunderschön oder besser gesagt so wunderhässlich darstellen lässt, das unsere Gesellschaft in vielen Bereichen noch gar nicht soweit ist, wie wir alle immer glauben. Zum Beispiel wenn zwei Männer der Meinung sind, sie müssten für uns menstruierende Menschen einen Gummihandschuh “erfinden”, damit wir unsere Tampons “hygienisch und diskret” entsorgen können. Ähnlich wie bei Simone de Beauvoir ist, Soziale Medien sei Dank, auch in dieser Debatte schon genügend “Tinte geflossen”. Dass wir diese “Erfindung” nicht brauchen, weil sie aus wirtschaftlicher, ökologischer und hygienischer Sicht vollkommen obsolet ist, brauche ich an dieser Stelle nicht mehr zu erklären. das haben schon viele vor mir lang und breit im Internet erledigt (Danke dafür). Aber einen wichtigen Punkt möchte ich an dieser Stelle noch einmal loswerden, der meiner Meinung nach doch etwas zu kurz gekommen ist. In der Debatte um “Pinky Gloves” sind mit Sicherheit eine Menge Reaktionen angebracht. Wut, Trauer, Unverständnis, Witz. Das alles haben wir in den letzten Tagen mitbekommen. Aber eins muss ich auf gar keinen Fall sein: Dankbar. Danke, aber Nein Danke.
Die Dudes des besagten Handschuh-Startups versuchten nämlich vergebens uns vorzumachen, sie haben ihre “Erfindung” entwickelt, um uns Menstruierenden einen Gefallen zu tun. Und da kann man ja schonmal ein wenig Dankbarkeit erwarten, wenn Männer sich mit so einem “Frauenthema” wie der Periode beschäftigen. Dazu möchte ich einmal kurz sagen: Nein, ich bin nicht dankbar. Muss ich auch nicht sein. Wenn mir jemand einen Fußball zum Geburtstag schenkt, obwohl ich mich null für diesen Sport interessiere, dann muss ich dafür auch kein Stück Dankbarkeit zeigen. Das würde nämlich schlichtweg bedeuten, dass sich besagte:r Schenker:in einfach kein bisschen mit mir als Person auseinander gesetzt hat.
Neulich hat eine Tischlerin unter einem Instagrambeitrag zu Sexismus in der Brauereibranche geschrieben, dass es sie in ihrem Job nervt, wenn Männer ihr “schwere” Sachen abnehmen wollen. Woraufhin zwei Kommentatoren zurückgaben; das sei doch sehr zuvorkommend und hilfsbereit. Ich konnte mich in dem Moment nicht zurückhalten und habe dazu geschrieben: “Mag jetzt erschreckend sein, aber wenn uns wirklich etwas zu schwer ist, dann fragen wir einfach nach Hilfe”. Und so ist es. Wenn ich Hilfe brauche, dann frage ich. Wenn ich etwas wissen möchte, dann frage ich und brauche niemanden, der mir ungefragt etwas erklärt (Stichwort: Mansplaining). Und wenn mir jemand ungefragt hilft oder ungefragt etwas erklärt, dann muss ich beim besten Willen keine Dankbarkeit zeigen. Wenn ich im Supermarkt vor einem Regal stehe, weil ich gerade mit den Gedanken woanders bin(passiert mir des Öfteren mal) und jemand drückt mir eine Packung Cornflakes in die Hand, weil er oder sie dachte, ich will sie haben und komme nicht an das oberste Regal, dann sage ich schließlich auch “die wollte ich gar nicht haben” und nicht “Oh vielen Dank” und stelle sie dann heimlich ein paar Regale später wieder zurück.
Außerdem kann man über die “Erfinder” und den Investor der Pinky Gloves sicher vieles sagen, aber mit Sicherheit nicht, dass sie unfassbare Wohltäter sind, die uns Menstruierenden nur etwas Gutes tun wollten. Jedes Grundschulkind ist in der Lage auf den ersten Blick zu erkennen, dass es sich bei besagter “Erfindung” lediglich um einen überteuerten Gummihandschuh handelt. Und drei erwachsene Männer sind sich dessen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ebenfalls bewusst. Und weshalb sollte man etwas teurer verkaufen, was es schon längst gibt? Richtig, aus reiner Profitgier. So wie man versucht Frauen einzureden, dass sie im Alter im Gegensatz zu Männern immer unattraktiver werden (Männer altern wie Whiskey, Frauen wie Milch...weil Haarausfall und Bierbäuche ja sooo sexy sind) . Und dann verkauft man uns abgefüllte Body-Lotion mit “Anti-Aging-Effekt”, die alle nachweislich nichts bringen. Leider klappt das jetzt auch schon über mehrere Jahre und die Industrie, die dahinter steht ist riesig. Aber jetzt ist der Scheiß vorbei. Das mit der Creme hat funktioniert (hoffentlich aber nicht mehr lange), aber keine Frau lässt sich von irgendwem einreden, dass sie zum entnehmen des Tampons einen Handschuh braucht, obwohl sich das ganze mit Wasser und Seife seit Jahrzehnten mehr als bewährt hat. Danke, aber Nein Danke!
Denn wie heißt es doch so schön: Das Gegenteil von gut ist nicht schlecht, sondern gut gemeint. Oder eben Profitgier.
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